PC-V, Autotune: Kurvendiskussion (lang)
Verfasst: 05.07.14 - 10:19
Vor einiger Zeit hatte ich im Rahmen meiner Umbaumassnahmen einen PowerCommander V und ein Autotune-Modul installiert und versprochen, nach den Einmessfahrten und dem Prüfstandslauf dem geschätzten Fachpublikum Bericht zu erstatten. Es geschehe also.
Der PowerCommander in Verbindung mit dem Lamdasonden-Modul Autotune ist nach Ulf Penner's Tuning-Fibel die "fast zu schöne neue Welt" des Tunings: Von allen Möglichkeiten nicht spanabhebender Verbesserungen ist dies wohl die effektivste.
Wo die Meinungen indes auseinander gehen, ist die Frage, ob es denn bei einem mit Powercommander und Autotune ausgestattetem Fahrzeug noch nötig sei, die optimalen Einstellungen auf dem Prüfstand zu ermitteln: Schliesslich ermittelt das Autotune-Modul theoretisch auf der Grundlage der ständig gemessenen Lamdawerte dynamisch das richtige Kennfeld des Powercommander während des Fahrens.
Das ist in der Theorie richtig. Schaut man sich aber genau an, was das Autotune zu ermitteln in der Lage ist, kommt man schnell auf den Boden der Tatsachen. Zur Ermittlung der Anpassungswerte, also die richtige Einspritzmenge bei einer bestimmten Drehzahl und einer bestimmten Drosselklappenstellung - braucht Autotune einen Fahrzustand, der wenigstens für ein paar Sekunden konstant ist. Diese konstanten Fahrzustände kommen aber im normalen Betrieb nicht so einfach vor.
Über die Zeit hinweg wird man mit Autotune aber in den häufig durchfahrenen Lastzuständen das Kennfeld optimieren. Selten durchfahrene Zustände bleiben aber unberührt. Das hört sich zunächst wie ein Nachteil an, ist es aber nur bedingt, denn eine optimale Leistung in den Lastbereichen, die an häufig mit der Maschine aufsucht, ist wichtiger als das Optimum dort, wo man sich selten bewegt.
Dazu kommt, dass die Hersteller die Motoren im Vollastbereich recht gut abstimmen können, da sie nur in den mittleren Lastbereichen den scharfen Emmisionsrichtlinien Genüge tun müssen. Unter Vollast darf sich der Motor die Menge Sprit genehmigen, die ihm guttut und folglich wird da der Powercommander nicht benötigt.
Bekanntlich korrigiert der Powercommander daher auch eher das sogenannte Homologationsloch, also die künstlich abgemagerten mittleren Lastbereiche. Mehr Spitzenleistung wird der Powercommander also kaum erzielen, dafür aber mehr Bumms im mittleren Drehzahlbereich. Da man sich aber dort auch oft aufhält, kann da auch das Autotune seine Arbeit tun. Soweit die Theorie.
Für den PowerCommander liefert Dynojet für jede Maschine bereits einige vorgefertigte Kennfelder mit. Diese können, müssen aber nicht der Konfiguration des eigenen Motorrads entsprechen. Hat man seine Maschine etwa mit einem anderen Auspuff und einem anderen Luftfilter ausgerüstet und ist für diese Konfiguration kein passendes Kennfeld ab Werk verfügbar, funktioniert das System nicht. Das Kennfeld, die Map, muss zu der eigenen Maschine passen.
Trotzdem lohnt der Blick auf eines der ab Werk gelieferten Kennfelder (X-Achse: Drehzahl, Y-Achse: Drosselklappenöffnung in %, Z-Achse: Veränderung der Einspritzmenge durch den PC-V in %):
Die hier gezeigte Map liefert Dynojet für die Husqvarna Nuda mit einem nachgerüsteten Remus-Auspuff. Auch wenn dieses Kennfeld nicht zur eigenen Konfiguration passen sollte, beinhaltet es dennoch einige wichtige Aussagen:
Klar zu sehen ist, wie der PowerCommander ab 3000/Min. im mitteren Drehzahlbereich und bei mitterer Last dem Motor deutlich mehr Sprit gibt. Der ausgeprägte Knick zwischen 2500 und 3000/Min. ist dagegen merkwürdig und unter Umständen der Tatsache geschuldet, dass Motor und Zubehör-Auspuff hier nicht gut harmonieren.
Auch klar ist, dass es bei niedrigen Drehzahlen unter 2000/Min. und hoher Last ebenfalls keine Anpassungen gibt - klar: Welcher Fahrer bei Sinnen wird bei 1500 Umdrehungen das Gas voll aufreissen?
Interessant ist aber, dass mit zunehmender Drehzahl der Eingriff des Powercommander zurückgenommen wird.
Die Betrachtung dieses werksseitigen Kennfelds legt den Schluss nahe, man könne sich den Prüfstand sparen.
Tatsächlich ist die auf einem Dynojet-Prüfstand ermittelte Map mit der werksseitigen durchaus vergleichbar, auch wenn die Konfiguration des abgestimmten Motorrads anders ist (Serienauspuff, K&N Luftfilter):
Es gibt dennoch ein paar gute Gründe für den Gang zum Prüfstand.
Der Powercommander kennt nur zwei Informationsquellen: Die Drehzahl und die Drosselklappenstellung. Für die korrekte Drosselklappenstellung wird der Spannungswert des Drosselklappensensors benötigt. Man muss den Powercommander also auf die richtigen Spannungswerte kalibrieren.
Leider geht das bei modernen Motorrädern nicht mehr mit "Zündung an, Gas ganz auf und Gas ganz zu". Das Poti liefert bei vielen Maschinen, unter anderem auch der Nuda 900, nur dann einen Spannungswert, wenn der Motor läuft. Im Leerlauf Vollgas geben kommt aber nicht so gut. An der Stelle benötigt man bereits den Prüfstand.
Weitaus wichtiger ist aber ein anderer Punkt: Die Erfahrung des Tuners und Prüfstandsbetreibers. Er weiß mit seiner Erfahrung einfach besser, ob man in einem gewissen Lastbereich mit einem Benzin/Luftgemisch von 13,2 oder lieber doch etwas fetter mit 12,8 fahren sollte. Derartiges Hintergrundwissen für die Feinabstimmung fehlt uns Garagen-Tunern.
Aber welche Ergebnisse sind ohne Prüfstand und rein durch den Fahrversuch erzielbar?
Vage Ähnlichkeiten sind auch hier vorhanden, aber deutlich zu sehen ist, dass die auf dem Prüfstand ermittelte Map weit weniger zerklüftet ist - offenbar eine direkte Folge der kontrolliert durchfahrenen Lastzustände in einer konstanten Umgebung (Temperatur, Luftdruck). Auch habe ich leicht andere AFR-Zielwerte verwendet als der Prüfstandsbetreiber.
Kommen wir zum Schluss zur Gretchenfrage: Was hat es gebracht? Spitzenleistung keine, soviel war aber von vornherein klar. Aber die Kraft im mittleren Drehzahlbereich ist deutlich gestiegen. Wichtig war für mich der Unterschied zwischen dem im Fahrversuch ermittelten Kennfeld und dem Prüfstands-Kennfeld. Ergebnis hier: Kaum spürbar, auch wenn das zerklüftete Fahrversuchs-Kennfeld das nahelegt.
Ich werde auf der Grundlage des auf dem Prüfstand ermittelten Kennfelds weiter mit Autotune experimentieren, aber deutliche Verbesserungen über das bisher Erreichte hinaus erwarte ich mir nicht, da wir uns hier vermutlich bereits nahe am erreichbaren Optimum bewegen.
Der PowerCommander in Verbindung mit dem Lamdasonden-Modul Autotune ist nach Ulf Penner's Tuning-Fibel die "fast zu schöne neue Welt" des Tunings: Von allen Möglichkeiten nicht spanabhebender Verbesserungen ist dies wohl die effektivste.
Wo die Meinungen indes auseinander gehen, ist die Frage, ob es denn bei einem mit Powercommander und Autotune ausgestattetem Fahrzeug noch nötig sei, die optimalen Einstellungen auf dem Prüfstand zu ermitteln: Schliesslich ermittelt das Autotune-Modul theoretisch auf der Grundlage der ständig gemessenen Lamdawerte dynamisch das richtige Kennfeld des Powercommander während des Fahrens.
Das ist in der Theorie richtig. Schaut man sich aber genau an, was das Autotune zu ermitteln in der Lage ist, kommt man schnell auf den Boden der Tatsachen. Zur Ermittlung der Anpassungswerte, also die richtige Einspritzmenge bei einer bestimmten Drehzahl und einer bestimmten Drosselklappenstellung - braucht Autotune einen Fahrzustand, der wenigstens für ein paar Sekunden konstant ist. Diese konstanten Fahrzustände kommen aber im normalen Betrieb nicht so einfach vor.
Über die Zeit hinweg wird man mit Autotune aber in den häufig durchfahrenen Lastzuständen das Kennfeld optimieren. Selten durchfahrene Zustände bleiben aber unberührt. Das hört sich zunächst wie ein Nachteil an, ist es aber nur bedingt, denn eine optimale Leistung in den Lastbereichen, die an häufig mit der Maschine aufsucht, ist wichtiger als das Optimum dort, wo man sich selten bewegt.
Dazu kommt, dass die Hersteller die Motoren im Vollastbereich recht gut abstimmen können, da sie nur in den mittleren Lastbereichen den scharfen Emmisionsrichtlinien Genüge tun müssen. Unter Vollast darf sich der Motor die Menge Sprit genehmigen, die ihm guttut und folglich wird da der Powercommander nicht benötigt.
Bekanntlich korrigiert der Powercommander daher auch eher das sogenannte Homologationsloch, also die künstlich abgemagerten mittleren Lastbereiche. Mehr Spitzenleistung wird der Powercommander also kaum erzielen, dafür aber mehr Bumms im mittleren Drehzahlbereich. Da man sich aber dort auch oft aufhält, kann da auch das Autotune seine Arbeit tun. Soweit die Theorie.
Für den PowerCommander liefert Dynojet für jede Maschine bereits einige vorgefertigte Kennfelder mit. Diese können, müssen aber nicht der Konfiguration des eigenen Motorrads entsprechen. Hat man seine Maschine etwa mit einem anderen Auspuff und einem anderen Luftfilter ausgerüstet und ist für diese Konfiguration kein passendes Kennfeld ab Werk verfügbar, funktioniert das System nicht. Das Kennfeld, die Map, muss zu der eigenen Maschine passen.
Trotzdem lohnt der Blick auf eines der ab Werk gelieferten Kennfelder (X-Achse: Drehzahl, Y-Achse: Drosselklappenöffnung in %, Z-Achse: Veränderung der Einspritzmenge durch den PC-V in %):
Die hier gezeigte Map liefert Dynojet für die Husqvarna Nuda mit einem nachgerüsteten Remus-Auspuff. Auch wenn dieses Kennfeld nicht zur eigenen Konfiguration passen sollte, beinhaltet es dennoch einige wichtige Aussagen:
Klar zu sehen ist, wie der PowerCommander ab 3000/Min. im mitteren Drehzahlbereich und bei mitterer Last dem Motor deutlich mehr Sprit gibt. Der ausgeprägte Knick zwischen 2500 und 3000/Min. ist dagegen merkwürdig und unter Umständen der Tatsache geschuldet, dass Motor und Zubehör-Auspuff hier nicht gut harmonieren.
Auch klar ist, dass es bei niedrigen Drehzahlen unter 2000/Min. und hoher Last ebenfalls keine Anpassungen gibt - klar: Welcher Fahrer bei Sinnen wird bei 1500 Umdrehungen das Gas voll aufreissen?
Interessant ist aber, dass mit zunehmender Drehzahl der Eingriff des Powercommander zurückgenommen wird.
Die Betrachtung dieses werksseitigen Kennfelds legt den Schluss nahe, man könne sich den Prüfstand sparen.
Tatsächlich ist die auf einem Dynojet-Prüfstand ermittelte Map mit der werksseitigen durchaus vergleichbar, auch wenn die Konfiguration des abgestimmten Motorrads anders ist (Serienauspuff, K&N Luftfilter):
Es gibt dennoch ein paar gute Gründe für den Gang zum Prüfstand.
Der Powercommander kennt nur zwei Informationsquellen: Die Drehzahl und die Drosselklappenstellung. Für die korrekte Drosselklappenstellung wird der Spannungswert des Drosselklappensensors benötigt. Man muss den Powercommander also auf die richtigen Spannungswerte kalibrieren.
Leider geht das bei modernen Motorrädern nicht mehr mit "Zündung an, Gas ganz auf und Gas ganz zu". Das Poti liefert bei vielen Maschinen, unter anderem auch der Nuda 900, nur dann einen Spannungswert, wenn der Motor läuft. Im Leerlauf Vollgas geben kommt aber nicht so gut. An der Stelle benötigt man bereits den Prüfstand.
Weitaus wichtiger ist aber ein anderer Punkt: Die Erfahrung des Tuners und Prüfstandsbetreibers. Er weiß mit seiner Erfahrung einfach besser, ob man in einem gewissen Lastbereich mit einem Benzin/Luftgemisch von 13,2 oder lieber doch etwas fetter mit 12,8 fahren sollte. Derartiges Hintergrundwissen für die Feinabstimmung fehlt uns Garagen-Tunern.
Aber welche Ergebnisse sind ohne Prüfstand und rein durch den Fahrversuch erzielbar?
Vage Ähnlichkeiten sind auch hier vorhanden, aber deutlich zu sehen ist, dass die auf dem Prüfstand ermittelte Map weit weniger zerklüftet ist - offenbar eine direkte Folge der kontrolliert durchfahrenen Lastzustände in einer konstanten Umgebung (Temperatur, Luftdruck). Auch habe ich leicht andere AFR-Zielwerte verwendet als der Prüfstandsbetreiber.
Kommen wir zum Schluss zur Gretchenfrage: Was hat es gebracht? Spitzenleistung keine, soviel war aber von vornherein klar. Aber die Kraft im mittleren Drehzahlbereich ist deutlich gestiegen. Wichtig war für mich der Unterschied zwischen dem im Fahrversuch ermittelten Kennfeld und dem Prüfstands-Kennfeld. Ergebnis hier: Kaum spürbar, auch wenn das zerklüftete Fahrversuchs-Kennfeld das nahelegt.
Ich werde auf der Grundlage des auf dem Prüfstand ermittelten Kennfelds weiter mit Autotune experimentieren, aber deutliche Verbesserungen über das bisher Erreichte hinaus erwarte ich mir nicht, da wir uns hier vermutlich bereits nahe am erreichbaren Optimum bewegen.